Gedanken zum 29. Sonntag im Jahreskreis ![]() 2 Tim 3,14-4,2 Lk 18,1-8 |
Glauben Sie es nicht! Glauben Sie bitte nicht, man müsse nur genügend beten, und dann wird einem schon nichts passieren. Es stimmt nämlich nicht. Sie können beten, soviel Sie wollen - das wird nichts daran ändern, dass Sie trotzdem immer wieder auf die Nase fallen werden. Sie können noch so viele Christopherus-Plaketten ins Auto hängen, das wird nichts daran ändern, dass jede Fahrt, die Sie unternehmen, ein Unfall-Risiko beinhaltet. Keine Litanei wird mich dauerhaft vor Krankheit bewahren und kein Gebet der Welt wird dafür sorgen, dass es kein Leid mehr gibt. Das zu erwarten, das hieße nämlich, Gott völlig falsch zu verstehen.
![]() Das heutige Evangelium ist da sehr aufschlussreich für mich. Jesus erzählt von Gott als einem Richter. Ein Richter, das ist nämlich keiner, der vor Not und Elend bewahrt. Ein Richter, das ist jemand, den man zurate zieht, wenn schon was schiefgelaufen ist, wenn man allein keinen Ausweg mehr findet, keinen Ausweg aus Spannungen, Schwierigkeiten oder Not. Ein Richter hilft in solchen Situationen, bewahren tut er vor ihnen nicht. ![]() "Richter" waren im Volk Israel Leute, die sehr viel mehr taten, als nur Recht zu sprechen oder Urteile zu verkünden. Sie kennen das aus dem Buch der Richter im Alten Testament. Ein Richter, das steckt ja noch in unserem deutschen Wort drin, das war damals jemand, der das Volk wieder neu ausrichtete, der ihm wieder die Richtung anzeigte, wenn es sich plötzlich auf einem falschen Weg vorfand. Und dann war er auch jemand, der Gefallene wieder auf-richtete, und die in die Irre gegangenen wieder aus-richtete, ausrichtete letztlich auf Gott hin. ![]() Gott ist keine Unfallprophylaxe, alles andere als eine Garantie kein Unheil, kein Leid und keine Not mehr zu erleben. Das zu glauben, das hieße den Gott, der in Jesus Christus selbst dreimal unter dem Kreuz zusammengebrochen ist und gelitten hat, gründlich misszuverstehen. ![]() Gott bewahrt nicht vor dem Hinfallen, zumindest hat er uns das in der Bibel nie versprochen. Aber er ist Richter, er richtet auf. Er ist der, der beim Aufstehen hilft, den Gefallenen wieder aufrichtet. ![]() Das zu sehen ist äußerst wichtig, meine ich. Wer sich hier falsche Vorstellungen macht, könnte sonst nur allzu schnell der Gefahr unterliegen an seinem Gott zu zweifeln: zu fragen, wo denn Gott gewesen sei, als ich krank geworden bin, wie er hat zulassen können, dass mir dieses oder jenes Unglück zugestoßen ist, und warum er nichts unternommen hat, als andere mich fertiggemacht haben. Diese Fragen führen aber nicht weiter. Der Gott, der am Kreuz für uns gestorben ist, hat uns nämlich nie zugesagt, dass er uns vor dem Leiden bewahrt. Aber etwas anderes, das hat er uns versprochen - und nicht zuletzt durch den heutigen Evangelientext: Er sagt uns Christ*innen zu, dass er uns aufrichten wird, dass er all denjenigen, die zu Boden gedrückt werden, wieder auf die Beine verhilft. ![]() Ich bin nicht davor gefeit, in den Dreck zu fallen. Nicht einmal der Glaube, auch nicht mein Gebet bewahrt mich davor. Aber ich werde wieder aufstehen, ich werde immer wieder auf die Beine kommen. Wenn ich mich selbst nicht aufgebe, steht Gott mir zur Seite und richtet mich auf. Und Gott tut es ganz sicher, sagt mir die Bibel, - heute und jeden Tag aufs Neue. ![]() |
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