Gedanken zum 34. Sonntag im Jahreskreis |
Woran erkennt man praktizierende Christ*innen? Wenn man den unterschiedlichsten Papieren Glauben schenken möchte, dann ist diese Frage ganz einfach zu beantworten: Unter praktizierenden Christ*innen versteht man allgemein die, die am Sonntag zum Gottesdienst gehen.
Und katholischerseits ist das ja auch recht einleuchtend, denn wer am Sonntag zur Kirche kommt, der erfüllt schließlich seine Pflicht. Nicht umsonst spricht man bei uns ja nach wie vor von einer Sonntagspflicht (nur während der Corona-Pandemie wurde diese hochoffiziell von unseren Bischöfen ausgesetzt) - Gottesdienstbesuch als die Erfüllung unserer Pflicht gegenüber Gott. Nur, wenn dem so ist, wenn das doch unsere Pflicht ist, dann frage ich mich, warum genau dieser Punkt im Gleichnis im heutigen Evangelium nicht auftaucht! Alles wird den Menschen in dieser Gerichtsszene vorgerechnet: die Kranken, die Alten, die Obdachlosen... Steht irgendwo: "Ich hab' euch zur Kirche gerufen und ihr seid nicht gekommen?", Gottesdienst wird mit keinem Wort erwähnt. Das, was so oft im Mittelpunkt steht, wenn wir an Religion und Kirche denken - in Jesu Gleichnis kommt es gar nicht vor. Das, was bei uns meist wie das Allerwichtigste erscheint, das scheint bei ihm nicht einmal eine untergeordnete Rolle zu spielen. Sollte sich unsere Kirche da etwa tatsächlich so getäuscht haben? Ja, ich denke, wir haben uns getäuscht! In einem Punkt haben wir uns sogar gewaltig getäuscht. Als wir, die Verantwortlichen unserer Kirche, anfingen, aus dem Gottesdienst eine Pflicht zu machen, als Gottesdienst eine Pflichtübung wurde, da begannen wir uns ganz gewaltig zu täuschen. Gottesdienst ist schließlich nicht zuerst unser Dienst an Gott. Sicher, Gott führt uns zusammen zur Feier der Eucharistie, aber doch nicht etwa, weil wir ihm da dienen sollen, weil er den Gottesdienst etwa notwendig hätte oder irgendetwas von uns brauchen würde. Bilden wir uns denn wirklich ein, dass wir Gott etwas geben könnten, etwas, was er selbst nicht schon lange hat? Das, was wir im Gottesdienst tun, das ist allerhöchstens danken. Dienen, dienen tut dort Gott! Gottesdienst, das ist zuallererst in meinen Augen Gottes Dienst an uns! Gott schenkt uns schließlich die Sakramente, er schenkt uns die Feier unseres Lebens, damit wir leichter leben können, damit wir uns seiner Nähe versichern können, damit wir Punkte haben, an denen wir seine Gegenwart erleben, spüren und sinnenhaft erfahren können. Das ist sein Dienst an uns: eine Hilfe zum Leben, Feiern, die uns guttun sollen. Wir sollen zur Ruhe kommen, neue Orientierung und Hilfe für unser Leben finden. Dieser Gottesdienst ist zuallererst für uns/mich selber da. Der Dienst an Gott, mein Dienst diesem Gott gegenüber, der muss anders aussehen. Und wie, das sagt mir in aller Deutlichkeit das heutige Evangelium. Jesus macht mir dort unmissverständlich klar: Wirklicher Gottesdienst - das ist Menschendienst. Denn was ich einem seiner geringsten Schwestern und Brüder getan haben, das habe ich wirklich ihm getan. Und daran werde ich letztlich gemessen. Wer den Nächsten aus dem Blick verliert, der kann zur Kirche gehen, sooft er will - in den Augen Jesu hat der am Ende lediglich etwas für sich selbst getan. Wer Jesus ernst nimmt, der weiß, dass Gottesdienst nicht zuerst in der Kirche stattfindet. Denn dem anderen zu dienen, seine Not zu lindern, das ist für Jesus der eigentliche, der wahre Gottesdienst, damals wie heute. |
---|
2134 |