VORBEMERKUNGEN
Architekt Professor Dr. Karl Schwanzer
Katholische Kirche Leopoldau
1220 Wien, Saikogasse - Thonetweg
Baubeginn am 8. Juni 1970
In Juli mussten die Arbeiten mangels fehlende Baubewilligung 4 Wochen lang
unterbrochen werden.
Es gab Proteste und eine Unterschriftenaktion gegen den Kirchenbau.
Die Anrainer möchten ihre "Spielwiese" nicht verbauen lassen.
Kurz vor Baubeginn wurde bekannt, dass es von der Anton Sattlergasse keinen
Zugangsweg zur Kirche geben könnte (der Gemeindekindergarten verhinderte
dies). So wurde kurzfristig der Bauplan um 180° gedreht: wo jetzt die Kirche
steht, war der Pfarrhof geplant, wo der Pfarrhof, steht jetzt die Kirche.
Gesamtkosten: ÖS 22.547.713,-
Die Weihe der Kirche wurde mehrmals verschoben, da die Arbeiten an die ge-
planten Termine nicht fertig wurden. Bis Erzbischof Jachim der Kragen platzte
und er den 23. Jänner 1972 endgültig als Weihetag festlegte, fertig oder nicht.
Die Eingangstüren der Kirche (aus spezialem Sicherheitsglas aus Belgien) wur-
den die Woche vorher geliefert und noch zeitgerecht eingebaut.
Während der Einweihungsfeier saßen Abruf bereit zwei Elektriker in der Sakris-
tei um einen eventuellen Stromausfall schnell beheben zu können.
Sie mussten nicht eingreifen.
Beigesetzte Reliquien: Hl. Clemens Maria Hofbauer und Hl. Josaphat
Tabernakel und Taufbrunnen von Prof. Walter Augmüller, Wandteppich Die
Berufung des Propheten Ezechiels“ von Prof. Max Florian und Schüler, 1954
angefertigt, vorher in der Pfarrkirche Pötzleinsdorf, Leihgabe der Erzdiözese.
Christuskorpus aus Holz, bronziert, von Stefan Pazmandy (Ungarn), Leihgabe
der Erzdiözese.
Leistung
Baumeisterarbeiten Brandstetter
Heizung und Lüftung Kraft & Wärme
Elektroinstallation Elektrobau
Gewicht Schlosser Ecker
Gewicht Schlosser Kunz
Bautischler Schrom
Sakristeieinrichtung Petrovitsch
Schrankwände, Emporepodeste Kolaczia
Pfarrsaaldecke Gloss
Möblierung Thonet, Wiesner & Hage
Küche - Geräte Grimas
Malerei - Anstrich Jüttner
Gipsdecke Breuss & Co.
Spengler Kabrt
Schwarzdecker Key & Kramer
Lichtkuppeln Neworal
Glaserarbeiten Geyling, Sagon, Jankä
Sanitäre Installation Small
Bodenbeläge Kugler,Beutel & Co.,
Durament, Mercur, Lang
Sakrale Gegenstände Prof. Walter Augmüller
Gartengestaltung Franke
Kunststeinarbeiten Urbanek, Ehrlich
Verfliesungen Karger
Mauerversiegelung Prantl
Beschriftungen Grafi
Holzdach Wenzl Hartl
Glaser Eberspächer
Jalousien Foliflex
Küche Schachermayer
Architekt Prof. Dr. Dr. Schwanzer plante unsere Kirche und unser Pfarrhaus als
einen markanten Rundbau in Ziegelbauweise. So hebt sich der Bau von den
umliegenden Betonhäusern ab und zieht automatisch die Aufmerksamkeit auf
sich.
Der Innenraum der Kirche wurde nach den Erkenntnissen des zweiten Vatikani-
schen Konzils konzipiert: Altar, Tabernakel und Taufbrunnen stehen an zentra-
len Plätzen. Die Kirchenbänke sind dreiseitig um den Altar gruppiert. Der Licht-
einfall durch die zentrale Kuppel und der Fensterkranz unter der Holzdecke sind
hervorragend. Der blaue Teppichbelag wirkt beruhigend und ist zugleich schall-
schluckend. Ein schöner sakraler Raum wurde geschaffen. Um den Innenhof
mit Baum und Springbrunnen beneiden uns viele.
Erzbischof Jachym hat viele Kirchen bauen lassen. Auf unsere Kirche war er
besonders stolz.
Prof. Schwanzer sind aber auch einige Fehler unterlaufen.
Auch die Erzdiözese als Auftraggeber war nicht immer bei der Sache und plan-
te an der Praxis vorbei.
Der Zugang zum Kirchenraum wurde zwar behindertengerecht ohne Stufen an-
gelegt. Die Stufen im Foyer geben diesem Raum zwar seine spezielle architek-
tonische Note, sind aber ein Hindernis. Auch die Stufen beim Pfarrhofeingang
sind nicht behindertengerecht.
In der Mulde vor dem Foyereingang sammeln sich im Herbst bei starkem Wind
riesige Berge von Blättern, im Winter eine Menge Schnee.
Einen Pfarrsaal ohne Fenster zu planen ist eigentlich unbegreiflich.
Kein Tageslicht und nur elektrische Belüftung. Wir haben dann nachträglich
sieben Fenster eingebaut.
Eine Klima- und Kühlanlage für die heißen Sommermonate im Pfarrsaal zu in-
stallieren, wo doch im Sommer normalerweise kein Pfarrbetrieb stattfindet, ist
überflüssig.
Sie wurde niemals eingeschaltet.
Im Pfarrsaal war ein Teppichboden geplant. Im letzten Augenblick konnte ich
verhindern, dass er verlegt wurde. (die Teppichrollen waren schon geliefert)
Ohne zuständig zu sein, bestand ich auf einem Parkettboden, der dann verlegt
wurde.
Auch die ursprüngliche Planung des Pfarrhauses im Erdgeschoß konnte ich
ändern.
Geplant war ein Bibliothekzimmer (Zi 1), weiter die Pfarrkanzlei (Zi 2) dann das
Büro für den Pfarrer (Zi 3) und ein Besprechungszimmer (Zi 4), alle durch eine
Schiebetür getrennt und vom Innenhof begehbar.
Zi 1 wurde Pfarrbüro, Zi 2 Pfarrerzimmer. Der Durchgang zu Zimmer 3 wurde
zugemauert. Ich ließ die Zimmer 3 und 4 zusammenlegen, so dass ein zusätzli-
cher Seelsorgeraum (jetzt Zi 4) zur Verfügung stand.
1973 habe ich das Zimmer für die Gartengeräte geteilt, die Mauer zwischen
dieses Zimmer und Zimmer 4 durchbrochen, damit Zimmer 4 eine eigene Gar-
derobe hat. Besonders in der kalten Jahreszeit hat sich dies bewährt.
1970 war die Erzdiözese noch sehr optimistisch.
So wurden im ersten Stock vom Pfarrhaus 4 Wohnungen (für einen Pfarrer,
zwei Kapläne (!) und eine Haushälterin), weiter eine Küche, ein gemeinsames
Speisezimmer, einen Aufenthaltsraum und eine Gästewohnung errichtet.
Später haben wir den ersten Stock völlig umgebaut und ist nun großteils vom
Kindergarten und Hort belegt.
Im Pfarrgebäude wurde eine Telefonanlage mit 24 Nebenstellen errichtet. (Da-
mals noch durch Relais und nicht elektronisch gesteuert.)
Da die Wartungskosten im Laufe der Jahre enorm stiegen, wurde sie abgebaut
und durch eine Anlage mit 6 Nebenstellen ersetzt.
Bei der Planung der Kirchenbeleuchtung ging es ziemlich chaotisch zu.
Architekt Prof. Dr. Schwanzer hatte ursprünglich eine strahlenförmige Beleuch-
tung mit Neonröhren geplant. Die durchgezogenen Lamellen in der Kirchende-
cke zeugen noch davon. Auf dem Dachboden der Kirche waren die elektrischen
Leitungen schon verlegt.
Dann plante der Architekt um und ließ in der Kuppel einen großen Strahler
montieren. Einmal höher, einmal tiefer. Auch da war er nicht zufrieden und so
wurde in der Kuppel ein Kranz von Neonröhren montiert.
Dieser wurde wieder abgebaut und durch zwei Kränze ersetzt.
Damit die Röhren nicht blenden, wurden in der Kuppel kreisförmige Elemente
montiert.
Ich bemängelte, dass die Beleuchtung über den Kirchenbänken unzureichend
sei. So wurden dann an der Decke noch 6 Strahler montiert.
(Später haben wir noch zusätzliche angebracht.)
Schließlich, da zu finster, wurden beim Durchgang zum Foyer auch noch drei
Neonleuchten an der Ziegelwand montiert.
Alle diese Umbauten hat die Diözese bezahlt.
Auch in der Kapelle war die Beleuchtung unzureichend. Es gab keine Lüf-
tungsmöglichkeit und die Akustik war miserabel.
So wurde nachträglich ein Fenster eingebaut, das sich elektrisch öffnen lässt,
eine akustische Decke und 6 Strahler wurden montiert. Eduard Braza und ich
haben da die meiste Arbeit geleistet.
Das Geländer im Innenhof (1. Stock) war für die Polizei zu niedrig. So wurde es
mit einem zweiten Kranz erhöht.
Der Mistkübelabstellplatz war anfangs frei zugänglich. So haben die Anrainer
ihren Mist bei uns entsorgt und der Mistkübel war immer übervoll. Er sollte da-
her absperrbare Türen bekommen. Zwei Holztüren wurden angefertigt und ge-
liefert und draußen abgestellt. Zur Montage ist es nicht gekommen. Die Türen
wurden in der Nacht entwendet.
Dann wurden zwei Gittertüren montiert. Die halfen nur wenig, da die Leute ihren
Mist einfach über die Türen hineinwarfen. So wurde der Abstellplatz dann auch
mit einem Gitter überdeckt.
Der Kirchenparkplatz hatte keinen Schranken. So stellten die Anrainer auf ihm
ihre Autos ab. Der erste Schranken, der aufgestellt wurde, war falsch konstru-
iert. Durch die Hebelwirkung wurde das Schloss immer wieder demoliert. (Es
war am Angelpunkt angebracht.) Ein neuer längerer Schranken mit einem
Schloss am anderen Ende brachte Abhilfe.
Anfang der siebziger Jahre war von Wärmedämmung noch keine Rede.
Das Heizöl war billig. An Energiesparen dachte niemand.
Die Ziegelmauer von Kirche, Kapelle und Pfarrhof wurde als Vollmauer
errichtet, ohne irgendeine Zwischendämmung.
Die Kirchenfenster und die Foyertüren wurden nur einfach verglast.
Der Innenhof hat 16 Außentüren, im Sommer zwar angenehm, im Winter aber
sehr Energie raubend.
Damit wir die Energiekosten erheblich senken können ist eine Innendämmung
im Pfarrhof in Planung. (Außendämmung ist wegen des Denkmalschutzes nicht
möglich.) Nach 40 Jahre müssen auch die Fenster und die Türen im Foyer aus-
getauscht werden. Eine kostspielige Angelegenheit. Nach Fertigstellung werden
die Energiekosten deutlich sinken.
Von meinem Vater stammt der Spruch: „Im Leben sollte man zwei Mal ein Haus
bauen“. Er hat zwei Mal gebaut und seine Erfahrung eingebracht.
Auch beim Kirchenbau könnte man aus der Erfahrung lernen. Und die Erzdiö-
zese sollte nach ein, zwei Jahren Betrieb, beim Pfarrer mal nachfragen, was
man hätte besser machen können.
Ich wurde nie gefragt.
Pater Josef