Bis er sie annahm | |
Wir saßen beisammen: Sozialarbeiter, Seelsorger, Psychologen, Katholiken lauter christliche, redliche, qualifizierte, kritische Leute, und Jesus war mitten unter uns. Ein angeregtes Gespräch war im Gange als sie plötzlich eintrat - da schwiegen alle - zuerst verwirrt von dem, was uns halt gelegentlich so irritiert: die Haare, der Duft, die Tränen, die Küsse... und dann - die Fachkenntnis hat uns gerettet - in Gedanken beschäftigt mit der Erklärung dieses Falles: ...die Kindheitserlebnisse, die labile Psyche, die soziale Not, die Gesellschaft... Da hatten wir sie durchschaut. Da waren wir wieder gefasst. Wir waren nicht gefasst auf das, was Jesus in unserer Mitte sagte. |
Er, dem die ganze Szene galt: "Es ist Liebe." Wir trauten unseren Ohren nicht. War er denn wirklich so naiv? Wir wussten noch nicht, dass er sie angenommen hatte. Wir ahnten noch nicht, dass er nichts übersehen, sie nicht bloß durchschaut, sondern sie angesehen hatte, durch ihre jämmerlichen, stolzen, dunklen Abgründe hindurch bis zum Grund, bis zu ihrem heiligen Feuer, bis zu ihrer Liebe, an die sie selbst nicht mehr glauben und die keiner sehen konnte, keiner der sie nahm - ob als Hure oder als Fall -, bis er sie annahm. Wir glauben noch nicht an das Wunder der Vergebung. |